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Ich bin der Ort

 

Ich bin der Ort.

Die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft. Ich war immer hier. Habe den Lauf der Geschichte gesehen, erlebt und gespürt. Mit allen Sinnen bin ich, war ich und werde sein.

Das Zirpen der Grillen umspült sanft das Raunen aus der Vergangenheit. Die Sonne lugt zwischen den Büschen hervor, lässt ihre Strahlen auf den Steinen tanzen. Grashalme bewegen sich sanft, sind mit Leben gefüllt. Die Steine stehen starr und unbeweglich. Die Schrift auf den Steinen hat oben gleiche Symbole. Sie erinnern an Swastika, ein uraltes Glückssymbol. Mich erfüllt es mit Schrecken, weiß ich doch um die nach rechts geneigte Form im Nationalsozialismus. Und doch bin ich gleichmütig der Ort, weiß um die wahrhaftige Bedeutung und kann sein.

Die Schrift auf vielen Steinen ist ausgewaschen, der Stein ist glatt, hat er dadurch keine Vergangenheit? Ich weiß es besser, denn ich bin der Ort, habe die Gebete gehört und das Murmeln vieler Stimmen, die ihre Toten ehren und ihnen Raum geben auf dem Hang, der Wiese, dem Frieden.

Ein weitverzweigter Baum spendet Schatten, seine vermoosten Äste hängen blattlos tief herab. Der Kreislauf der Natur wird ihn nahend sich zurückholen. Die von der Witterung glattgewaschenen Steine sind Zeugen des Ortes, von mir.

Zwei kreisrunde Flächen vor den Steinen auf der Wiese wurden nicht glattgemäht. Hier wogen Wildblumen und haben Insekten ihren Platz, ihre Heimat. Von Menschen zugewiesene Orte des Gedeihens und des Lebens. Erst die Geschichte hat den Ort der zugewiesenen Steine zu einem Ort des Erinnerns und Grauens gemacht. Nie die Geschichte vergessen. Ich bin Zeuge der Geschichte.

Die Steine sind glattgewaschen, ausgewaschen, reingewaschen. Die Geschichte wird dadurch nicht verändert, nicht glattgewaschen, nicht reingewaschen. Sie bleibt. Wie ich. Ich bin der Ort.

Helma

 

Projektleitung: Laura Marahrens, Freie Altenarbeit Göttingen e.V.,

Am Goldgraben 14, 37073 Göttingen, Tel. 0551 – 43606, E-Mail: kontakt@ortemitgeschichte.de

 


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Projektleitung:

Laura Marahrens

Dieses Projekt ist Teil der „Partnerschaft für Demokratie im Landkreis Göttingen“. Es wird gefördert durch das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“

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