Ein Außenlager, ganz weit draußen in einer idyllischen Landschaft, im Hintergrund der Südharz mit dem Kurort Bad Sachsa, ein gottverlassener Ort, ja, verlassen und einsam, nur der Karstwanderweg von Osterode nach Nordhausen führt daran vorbei. Ein Gedenkstein, eine kleine Informationshütte erinnert an die Geschichte, ein weites Gelände, auf dem früher Baracken für 300 Fremdarbeiter standen. Zwangsarbeit, Fremdarbeit, Sklavenarbeit, ja, Sklaverei. Arbeiten, Schuften unter Aufsicht, die Aufseher mit der Peitsche in der Hand, die Befehle, das Brüllen und Stoßen, die unsägliche und unmenschliche Behandlung, die harte Arbeit, die Fremden, wie Unmenschen behandelt. Und die hygienischen Verhältnisse? Ich versuche, mir das alles vorzustellen, höre die Angstschreie in mir, kann nachts nach der Exkursion nicht schlafen.
Nüxei, ein einsamer und verlassener Ort, ganz weit draußen, mit einer unglaublich grausamen Geschichte. 300 Menschen haben hier gelebt und geschuftet, 300 Personen, namenlos, ohne Stolpersteine und Lebensgeschichte, in fremden Ländern zuhause, in der näheren Umgebung weitere kleine Lager („Kolonie“ Tettenborn), Arbeiten und Schuften für den Krieg, für Waffentransporte (V1 und V2 für den sog. "Endsieg“), Vergeltungswaffen. Wer vergilt diesen Menschen ihre Lebenszeit, die sie hier unter härtesten Bedingungen verbringen mussten?? Keine Zeitzeugen, keine Dokumente, keine Barackenüberreste. In der Nähe ein einsamer Gutshof mit Scheune, in der die 300 Personen anfangs zusammengepfercht wurden, am Schluss nach der Evakuierung und dem tagelangen Todesmarsch wieder eine Scheune, in der die Menschen verbrannt wurden, von ihnen keine Spur. Lediglich der Todesmarsch weist Wegmarken auf, die durch den Harz führen. Unvorstellbar die Strapazen auf diesem Marsch, den viele auch schon nicht überlebt haben. Absolute Stille jetzt vor Ort, keine Tierlaute, nur Pferdehufengetrappel auf der benachbarten Koppel. Nur 0rtsnamen wie Osternhagen oder Mittelbau-Dora, das zentrale Konzentrationslager mit unzähligen Außenstellen. Und die Helmetalbahn? Nicht vollendet, umsonst geschuftet. Lediglich der Bahndamm bleibt. Die Zusammenhänge erschüttern mich, ein neues Thema in der Erinnerungsarbeit: „Zwang“ unter unvorstellbaren Bedingungen. Das Unbehagen bleibt.
Wilhelm Behrendt
Projektleitung: Laura Marahrens, Freie Altenarbeit Göttingen e.V.,
Am Goldgraben 14, 37073 Göttingen, Tel. 0551 – 43606, E-Mail: kontakt@ortemitgeschichte.de
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