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Die Bodenplatte

 

Die Bodenplatte im KZ-Außenlager Nüxei, das einzige Überbleibsel. Überwachsen zum Teil von Gras und Moos und Pflanzen, die über den Beton kriechen können. Sie geben sich Mühe, es zu überwuchern, das alte Schreckliche. Beton bleibt, auch wenn alle Baracken davon abgerissen wurden, weiter transportiert, benutzt als neue Baracken zur Unterbringung von Flüchtlingen.

Steine speichern Energie. Edelsteine sogar Heilenergie. Beton ist etwas anderes. Menschen gemacht mit menschlicher Energie, von Menschen angerührt, an diesen Ort gegossen, zur Ablage von Leichen, so sagt man. Speichert dieser Beton dieses Grauen? Fällt es dem Gras deshalb so schwer Fuß zu fassen? Müssen erst die Pionierpflanzen drüber kriechen, wo so viele Menschen vor ihnen gekrochen sind, gehungert haben, starben und gestapelt wurden wie ein Abfallprodukt, um irgendwo verbrannt zu werden? Namenlos.

Die Bodenplatte ist noch da und drum herum blühende, strahlend schöne Landschaft. Hier gibt es Menschen, die den Gedenkort pflegen, Pflanzen setzen, Blumen gießen und einfach leben mit und auf und um die Bodenplatte und dieses alte Schreckliche drum herum. Davon zeugen große Kürbisse und Eimer voller Grasabschnitt am Rand der Betonschicht. Ein Grill oder Feuerkorb aus einer alten Wäschetrommel – selbst gebaut – steht daneben. Fast ein bisschen grotesk, diese prallen Kürbisse und der Grill, an einem Ort, an dem so viele an Hunger und Kälte starben. Sie wachsen zwischen Dornen und Gestrüpp, wie vergessen. Auch die Eimer voll Grasabschnitt, außerhalb der eingezäunten Wohnhäuser – vergessen? Der alte selbstgebaute Feuerkorb – abgesondert. Wer hat ihn gebaut, benutzt und vergessen? Wer baut gerade hier Kürbisse an? Warum wachsen sie so? Gerade hier so üppig, wo doch die Bodenplatte hier ist?

Also doch keine gespeicherte Energie des Bösen in diesem Beton, dieser Erde? Nur in unseren Köpfen, wohl?! Mal mehr, mal weniger brutal offen oder abgedeckt, von kriechenden Gedanken – verwirrt.

Laura Marahrens

 

Projektleitung: Laura Marahrens, Freie Altenarbeit Göttingen e.V.,

Am Goldgraben 14, 37073 Göttingen, Tel. 0551 – 43606, E-Mail: kontakt@ortemitgeschichte.de

 


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Projektleitung:

Laura Marahrens

Dieses Projekt ist Teil der „Partnerschaft für Demokratie im Landkreis Göttingen“. Es wird gefördert durch das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“

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