Wieder einmal bescherte uns Frau L. Marahrens mit dem Besuch des KZ-Außenlagers Nüxei einen unvergesslichen, gut organisierten Tag. Unter anderem auch unvergesslich durch die Qualität des Berichtes von Herrn Burkhard Schmidt. Ich gestehe Ihnen hier, dass ich auch nach 12 Jahren Aufenthalt in Deutschland immer noch Schwierigkeiten habe, die deutsche Sprache zu verstehen.
Was mir aber aus dem Vortrag im Gedächtnis geblieben ist, ist das schwierige Leben der Gefangenen (und die Memoiren von Albert van Dijk). Erstaunt hat mich, dass das KZ – Außenlager Nüxei Teil eines Lagerkomplexes war, der dem KZ – Mittelbau-Dora zugehörig war, wo die berüchtigten V2-Raketen produziert wurden. Erschütternd auch der Bericht über den letzten Marsch der Gefangenen.
Ein weiterer magischer Moment unseres Besuchs für mich, waren die goldblonden Pferde, die auf die Weide getrieben wurden, als wir gerade vor Ort waren. Dieser Moment hat mich in eine Zeit meiner Kindheit zurückversetzt. Damals (Frühjahr 1970), ich war neun Jahre alt, hatte mein Großvater einen kleinen Bauernhof, auf dem er aus Hobby Pferde züchtete. Mein Großvater beschloss, die Qualität seiner Herde zu verbessern und beschloss, einen jungen reinrassigen Hengst zu erwerben. Auf einer großen Wiese standen zehnjährige Stuten und ihre kleinen Fohlen. Mein Großvater bat mich, das Fohlen (den zukünftigen Zuchthengst in seinem Stall) auszuwählen und seinen Namen für die Registrierung der Reinrassigkeit zu wählen. Apollo wird der ungewöhnliche Name sein, den ich für die offizielle Registrierung dieses Vollblutpferdes gewählt hätte.
In meinem letzten Text, nach dem Besuch des jüdischen Friedhofs in Bremke, habe ich mich auf Johann Chapoutot bezogen. Dieses möchte ich wiederholen:
Johann Chapoutot, Historiker und Deutschlandexperte, sagt in seinem Vortrag „Le nazisme, ombre de notre modernité“: „Die Deutschen waren während der Nazizeit die ‚Besten ihrer Klasse …‘.“ Die „Besten ihrer Klasse“ besagt, nach der Theorie von Dr. Chapoutot, dass die Nazis bestehende Konzepte des „Ismus“ wie Rassismus, Eugenism (Eugenik), Kolonialismus, Sozialdarwinismus und Antisemitismus verschärft und aufs Grausamste weiter entwickelt haben.
Quelle: Video Le NAZISME est-il au cœur de notre MODERNITÉ? l Johann Chapoutot , 20.09.2024
In seinem Buch „Understanding Nazism“ schreibt Dr. Chapoutot: „Wir müssen erkennen, dass die Nazis kein außerirdisches UFO sind, sondern Menschen, die sehr stark von ihrer Zeit und ihrer Epoche, also – sagen wir mal dem sozialdarwinistischen Westen – geprägt sind. Damit ist der rassistische Westen gemeint, der sich seit den 1850er Jahren leidenschaftlich für Medizin und Biologie interessiert.“ (S. 165, Verlag Tallandier, 2018).
Originaltext auf Französisch :
Et comme l'écrit également Dr Chapoutot dans livre Comprendre le Nazisme : "Il faut voir que les nazis ne sont pas un ovni hors-sol, ce sont des gens qui sont bien de leur temps et de leur époque, c'est-à-dire l'Occident social-darwinien, l'occident raciste et passionné de médicine et de biologie depuis les années 1850." (P. 165, éditeur Tallandier, 2018).
Später spricht Herr Schmidt bei unserem Besuch im ehemaligen KZ – Außenlager Nüxei im kleinen Kreis mit uns. Er berichtet über die Nazis, die in den Nachkriegsprozessen der Justiz entgangen sind. Dieses führt mich zu der Recherche zur Operation Paperclip, bei der ich herausfinde, dass der Ingenieur und Forscher Wernher von Braun, verantwortlich für das V2-Raketenprogramm im nationalsozialistischen Deutschland (und im KZ – Mittelbau-Dora), nach Kriegsende in die Vereinigten Staaten versetzt wurde. Als Direktor trat er im Auftrag der NASA der amerikanischen Weltraumentwicklungsgruppe bei (u. a. Apollo-Projekt).
Quelle Wikipedia: Operation Paperclip - Wikipedia , 22.10.2024
Quelle Wikipedia: Wernher von Braun - Wikipedia , 22.10.2024
In meiner Kindheit hatte ich die Chance, mehrere unvergessliche Ereignisse zu erleben, darunter eine Familienreise nach Florida im Juli 1969. Die ganze Familie besuchte die Anlage in Cape Canaveral und wurde Zeuge des Starts der Apollo-11-Missionsrakete, der am 20. Juli 1969 mit der Landung des ersten Menschen auf dem Mond (Neil Armstrong / Apollo Lunar Module Eagle) endete.
Quelle Wikipedia: Apollo 11 - Wikipedia , 22.10.2024
Als ich mich für die Teilnahme an dem Projekt „Orte mit Geschichte – Geschichten zu Orten“ entschied, war mir schon klar, dass meine Mitarbeit in der Projektgruppe für mich schwierig werden würde. Meiner Einschätzung nach sind die anderen Teilnehmer*innen alle deutsche Staatsbürger oder haben den Großteil ihres Lebens in Deutschland verbracht. Ich schätze diese Chance, einen tieferen Eindruck in die deutsche Geschichte und die Aufarbeitung des Nationalsozialismus zu erlangen, durch ihre Eindrücke, ihre persönlichen oder familiären Erfahrungen, die sich in den Geschichten wiederspiegeln.
Jean Cloutier
Projektleitung: Laura Marahrens, Freie Altenarbeit Göttingen e.V.,
Am Goldgraben 14, 37073 Göttingen, Tel. 0551 – 43606, E-Mail: kontakt@ortemitgeschichte.de
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